Von der Diktatur zur Demokratie: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 28. Juni 2012, 07:06 Uhr
Eine Zusammenfassung des Buches von Gene Sharp
Quelle: Sharp, Gene: Von der Diktatur zur Demokratie - ein Leitfaden für die Befreiung. Beck Verlag. München, 2011
Der Grund, warum ich diese Zusammenfassung schreibe ist, dass das Buch von Gene Sharp zwar in die deutsche Sprache übersetzt wurde, aber die deutsche Übersetzung im Gegensatz zu anderen Sprachen im Internet nicht frei verfügbar ist. Diese Zusammenfassung aber, die einige aus meiner Sicht wesentlichen Informationen enthält, soll frei Verfügbar sein.
Update: Das Buch ist jetzt in deutscher Sprache auf den Seiten des Albert-Einstein Instituts verfügbar.
Das Buch "Von der Diktatur zur Demokratie" ist meiner Ansicht nach ein wesentliches Werk von größter Wichtigkeit und es gehört in jedes Bücherregal sowie zur Ausbildung jedes frei denkenden Menschen. Dieses Buch beschreibt das Wesen von Diktaturen, ganz gleich ob sie als Staat, als Konzern, als Unternehmen oder im zwischenmenschlichen Bereich auftreten, ganz gleich, ob sie ihre eiserne Faust in ein Samthandschuh hüllen oder ob sie mit offener Brutalität durchgreifen.
Eine der wesentlichen Aussagen von Gene Sharp über Diktaturen ist, dass jede Diktatur die Zusammenarbeit der Bevölkerung benötigt. Erst durch die Produktivität und die Kooperation der vielen Menschen, die im Machtbereich der Diktatur leben, bekommt die Diktatur ihre Macht. Diktatoren wissen das genau und sie werden darauf achten, dass die Menschen mit ihnen kooperieren und die Ressourcen der Diktatur mehren. Um die Menschen zur Zusammenarbeit zu bringen, erschaffen Diktaturen Symbole und Ideologien, machen Versprechungen, bieten vermeintliche Sicherheit und Ordnung oder sie schüchtern die Menschen ein, die nicht kooperieren wollen. Sinkt die Motivation der Menschen zur Zusammenarbeit mit der Diktatur und schaffen es die Menschen, sich der effektiven Zusammenarbeit mit der Diktatur zu entziehen, so zersetzt sich Macht der Diktatur. [S. 32 ff]
Diktaturen haben Stellen, an denen sie verwundbar sind. Sie haben zwar große Macht, aber sie kommen nur schwer mit schnellen Veränderungen zurecht, weil viele Entscheidungen von wenigen Menschen getroffen werden. Die Erfüllungsgehilfen der Diktatur sind fest in eine Hierarchie eingebunden und versuchen, in dieser Hierarchie nach oben zu steigen und können schnell in der Hierarchie nach unten fallen. Untergebene haben oft Angst vor ihren Vorgesetzten und teilen ihnen Probleme oft nicht rechtzeitig mit. [S. 40 ff] Das macht Diktaturen instabil. Die Erfüllungsgehilfen können sich unter Umständen schnell gegen den Diktator wenden.
Diktaturen haben ihre größte Stärke im polizeilichen und militärischen Bereich. Gewaltsamer Widerstand trifft eine Diktatur dort, wo sie am stärksten ist und hat wenig Aussicht auf Erfolg. Sollte es dennoch gelingen, eine Diktatur gewaltsam zu bezwingen, ist es oft so, dass eine neue Diktatur der alten folgt. Bewaffnete Hilfe aus dem Ausland kann dazu führen, dass die alte Diktatur durch eine neue Diktatur unter ausländischer Vorherrschaft abgelöst wird. [S.18 ff]
Um eine Diktatur zu überwinden ist es deshalb zuerst wichtig, die demokratischen Kräfte im Land zu stärken, was durchaus Generationen dauern kann. Bevor eine Diktatur überwunden werden kann, müssen zuerst gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen heranwachsen, die es ermöglichen, dass die Menschen ihr Leben auch ohne die Hilfe des Diktators selbst regeln können. [S. 36 ff] Davor ist an die Zerschlagung einer Diktatur gar nicht zu denken. Zentren demokratischer Macht sind z.B. Familien, Dörfer, Vereine, Nachbarschaftshilfegruppen, freie Schulen, Unternehmen, kurzum alles, was den Menschen hilft, ihre materiellen und nicht materiellen Bedürfnisse zu befriedigen. Dabei ist es enorm wichtig, dass diese Aktivitäten nicht heimlich geschehen sonder ganz offen gezeigt werden. Hohe Verhaltensstandards sind die Voraussetzung solcher Aktivitäten [S. 48] Das bewirkt den Eindruck, dass diese demokratischen Aktivitäten extrem mächtig sind und kann auch dazu führen, dass selbst Polizisten und Beamte Handlungsalternativen zu ihrem vorgeschriebenen Dienst erkennen. Es ist zudem wichtig, dass sich Arbeitskreise herausbilden, die sich mit politischen Fragen jenseits der Diktatur beschäftigen, damit Konzepte für den Übergang von der Diktatur in eine Demokratie entwickelt sind. [S. 91]
Konspiratives verhalten der demokratischen Aktivitäten verursacht dagegen nur Misstrauen der Menschen untereinander und erleichtert die Infiltration und Spaltung der Demokratischen Kräfte, sowie das Schüren von Angst bei der Bevölkerung vor den demokratischen Aktivitäten.
Die Verweigerung der Kooperation ist das wirksamste Mittel des Widerstandes gegen eine Diktatur. Die Verweigerung der Kooperation kann entweder offen oder verdeckt geschehen und sie sollte möglichst vielfältig auf allen Ebenen gleichzeitig durchgeführt werden. [S. 101] Hier zählt Gene Sharp 198 Möglichkeiten des gewaltlosen Widerstandes auf. Diese Möglichkeiten lassen sich grob in fünf Kathegorien einteilen: Gewaltloser Protest, soziale Nicht Zusammenarbeit, Wirtschaftliche Nicht Zusammenarbeit, politische Nicht Zusammenarbeit, Gewaltlose Aktionen.
Die Methoden der Nicht Zusammenarbeit bestehen in der offenen Verweigerung der Befehle, Dienst unter exakter Berücksichtigung aller Vorschriften, ineffektives Arbeiten, ineffizientes Arbeiten, absichtlich Fehler machen, langsam arbeiten, krank feiern. Hierdurch wird die Macht der Diktatur geschwächt.
Die Methoden der Protestes beinhalten vor allem alle Aktivitäten die die Kommunikation mit der Öffentlichkeit beinhalten wie z.B. Publikationen, öffentliche Reden, Karikaturen, Symbole. Durch den Protest wird die Öffentlichkeit auf die demokratischen Aktivitäten aufmerksam.
Die Methoden der Interventionen sind vor allem die Schaffung paralleler, demokratischer, dezentraler Verwaltungsstrukturen und Versorgungsinfrastrukturen, wodurch ein Übergang zur Demokratie für die gesamte Gesellschaft, aber auch für Polizisten und Soldaten möglich wird.
Anmerkung an alle, die politischen Widerstand ausführen
Politischer Widerstand beginnt bereits damit, dass man sich z.B. gegen Giftstoffe im Kinderspielzeug wehrt und nicht erst, wenn es darum geht, eine bestehende Regierung überflüssig zu machen. Das, was ich bei vielen Protestinitiativen vermisse ist echte Fachkompetenz bezüglich der Sache, gegen die sie protestieren oder die sie vertreten. Erst wenn ich persönlich als Normalbürger das Gefühl habe, das der Protestierende genau weiß von was er spricht, und mir nicht nur Agitationsmaterial um die Ohren haut, werde ich mich näher mit seinem Anliegen beschäftigen. Echte Fachkompetenz besteht nicht aus einer Sammlung von Argumenten, die man auswendig gelernt auf Abfrage rezitieren kann, sondern aus der Kenntnis und der sorgflältigen Dokumentation von sauber recherchierten Quellen, die auf Beobachtungen und Experimenten und nicht auf Meinung beruhen. Wenn eine Protestinitiative Gehör finden will, muss sie erst einmal Fachkompetenz aufbauen und diese nach außen tragen. Die Fachkompetenz muss so groß sein, dass es für die Bevölkerung eine Selbstverständlichkeit ist, bei Fragen zu dem entsprechenden Thema auf der Internetseite der Protestinitiative zu schauen, weil dort einfach die besten Informationen stehen. Mit der Zeit werden selbst Politiker und Behörden auf den Seiten der Protestinitiative recherchieren, weil sie dort gesichertes Wissen finden, auch wenn sie dies nicht laut sagen werden. Das Internet ist geduldig und bietet hier alle Möglichkeiten, die für Veröffentlichungen notwendig sind.