Techniker und Kaufleute
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Version vom 25. Dezember 2013, 09:33 Uhr von Michael Klotsche (Diskussion | Beiträge) (→Einschränkung der Zusammenarbeit mit Kaufleuten)
Inhaltsverzeichnis
Warum Techniker und Kaufleute nicht zusammenarbeiten können
- Folgende Aussagen beruhen auf meinen persönlichen Erfahrungen, die ich über mehrere Jahre machen konnte.
- Kaufleute denken in der Welt der Vereinbarungen und Zusagen. Für einen Kaufmann ist es wichtig zu wissen, wer verlässlich und termingerecht eine bestimmte Ware oder Dienstleistung zu einem vereinbarten Preis liefern kann. Ein Kaufmann ist abhängig davon, Lieferungen fristgerecht zu erhalten, damit er seine eigenen Zusagen einhalten kann. Verlässlichkeit ist die Basis für Geschäftsbeziehungen. Ob eine Zusage erfüllbar ist oder nicht und mit welchen Mitteln diese erfüllt wird, ist dabei erst einmal unwichtig. Anerkennung bekommt ein Kaufmann dann, wenn er sich an seine Zusagen erfüllt.
- Techniker denken in der Welt der Experimente, Maschinen und Umwelteinflüsse. Für einen Techniker ist es wichtig zu wissen, welche Maschinen es gibt und was diese leisten können, denn nur dann, kann er Maschinen realisieren. Ein Techniker kann sich lediglich auf Experimente verlassen, die er reproduzieren kann. Anerkennung bekommt ein Techniker vor allem dann, wenn er Maschinen konstruiert, die funktionieren, wenn er die Experimente kennt, die seinen Arbeitsbereich betreffen und wenn er weiß, was technisch machbar ist und was nicht. Um dies zu erreichen, muss er stets die vorliegenden Fakten möglichst genau erfassen.
- Aus diesem Grund ist es meiner Erfahrung nach wichtig, den kaufmännischen Bereich und den technischen Bereich streng voneinander zu trennen und auf keinen Fall Weisungsbefugnisse von einem Bereich ausgehend in den anderen zuzulassen. Fatal wirkt sich vor allem eine Abhängigkeit der Techniker von den Kaufleuten aus, was meist dazu führt, dass Techniker völlig überarbeitet oder im Dauerstreik sind, weil sie damit beschäftigt sind, die oft realitätsfremden Zusagen der Kaufleute zu erfüllen. Wenn die Techniker die von den Kaufleuten geforderten Leistungen nicht mehr erfüllen können, werden sie aus der Firma herausgeworfen.
Betriebswirte als "Übermenschen"?
- Folgende Schilderung beruhen auf meine persönlichen Erfahrungen mit einem Betriebswirt. Dabei lag in dem konkreten Fall ein komplexes Problem vor, bei dem alle Systeme sich wechselseitig auf komplexe Weise beeinflussten. Veränderte man ein System, wirkte sich dies auf alle anderen Teilsysteme aus, die wiederum das ursprünglich veränderte System auf veränderte Weise beeinflussten. Die Ingenieure, die dieses Problem bearbeiteten wussten von der Komplexität der Aufgabenstellung.
- Der Betriebswirt in dem Team reduzierte die Aufgabenstellung, die das vorliegende komplexe System von Zusammenhängen betrafen, auf wenige schnell erkennbare Fakten und traf innerhalb weniger Minuten elegant und in sich schlüssige Entscheidungen und sagte den Ingenieuren in wenigen klaren Sätzen, wie die Aufgabenstellung gelöst werden kann.
- Die Ingenieure waren verlegen und schämten sich, weil der Betriebswirt innerhalb von Minuten in sich schlüssige Entscheidungen über komplexe Systeme traf, die die Ingenieure evtl. erst in tagelanger Arbeit hätten treffen können.
- Die Entscheidungen des Betriebswirtes waren zwar in sich schlüssig, aber sie waren Fehlentscheidungen, weil sie die komplexen Zusammenhänge nicht berücksichtigten. Die Ingenieure bügelten die durch die Fehlentscheidungen auftretenden Probleme unter enormen Anstrengungen mit viel Fleiß und Können aus, wodurch das Ziel erreicht wurde.
- Der Betriebswirt sah, dass die Aufgabenstellung gelöst wurde und führte den Erfolg auf seine Entscheidungen zurück, was er den Ingenieuren auch mitteilte.
- Die Ingenieure waren beeindruckt von der "Weitsicht" des Betriebswirtes und von seiner Fähigkeit, die notwendigen Entscheidungen innerhalb von Minuten treffen zu können, wofür Ingenieure Tage oder gar Wochen brauchen und hielten den Betriebswirt für einen Übermenschen. Die Ingenieure sahen nicht, dass es ihre enorme Anstrengung war, die den Erfolg herbeigeführt hatte. Für sie war die anstrengende, kaum machbare Arbeit normal.
- Die Schlussfolgerung, die ich daraus ziehe ist, Betriebswirte konsequent aus Projekten heraus zu halten und die Entscheidungen bezüglich komplexer Systeme erst nach reiflicher Überlegung, basierend auf der Erkenntnis aus Experimenten auf vorsichtige Weise zu fällen, so dass möglichst wenig Fehler ausgebügelt werden müssen. So macht der Ingenieursberuf mehr spaß.
Einschränkung der Zusammenarbeit mit Kaufleuten
- Ich erlebe immer wieder, wie problematisch die Zusammenarbeit zwischen Ingenieuren und Technikern auf der einen Seite und Betriebswirten und Kaufleuten auf der anderen Seite ist. Hier treffen zwei Gruppen von Menschen aufeinander, die vollkommen unterschiedlich denken und die Welt völlig verschieden wahrnehmen. Beide Denkweisen sind miteinander nicht vereinbar. Verschärft wird dieses Problem, dadurch, dass die Gruppe der Kaufleute und Betriebswirte zumeist das Eigentum an den materiellen Ressourcen inne hat, während die Gruppe der Techniker und Ingenieure zumeist über keine nennenswerten materiellen Ressourcen verfügt. In der Praxis sieht das so aus, dass Ingenieure und Techniker untätig warten müssen, bis Kaufleute und Betriebswirte den Geldbeutel öffnen und ihre Almosen verteilen. Die Techniker schaffen dann die Ressourcen, die dann sofort in das Eigentum der Kaufleute und Betriebswirte übergehen.
- Der Witz an der Sache ist der, dass die Techniker und Ingenieure, die Kaufleute und Betriebswirte im Grunde genommen nicht brauchen. Ingenieure und Techniker könnten sich auch ohne die Kaufleute ernähren. Die Kaufleute und Betriebswirte können sich hingegen nicht selbst ernähren.
- Wenn die Ingenieure es schaffen, technische Systeme zu installieren, die eine gemeinsame Verwaltung von Ressourcen ermöglicht, können sie Wirtschaftskreisläufe realisieren, die ohne Kaufleute und Betriebswirte auskommt. Dazu wären folgende Schritte nötig:
- Jeder Ingenieur und Techniker achtet darauf, dass der Aufwand den er anderen gibt, und der Aufwand, den er von anderen nimmt im Gleichgewicht ist. Dies geschieht durch Stundenaufschreibung in gemeinsamen Projekten. In meinem Artikel Wirtschaft ohne Geld – Die Befreiung von der Unmündigkeit II habe ich dies bereits beschrieben. Eine ausgezeichnete Software zur Stundenaufschreibung ist die Software "Hamster". Die Projektseite von Hamster ist hier.
- Es sollen vor allem Projekte durchgeführt werden, die materielle Ressourcen erschaffen. Die Projekte sind vor Projektbeginn zu prüfen, ob die Projekte bezüglich der Schaffung von Ressourcen Sinn machen. Im Abschnitt Projektmanagement, OpenBien und Gewaltfreie Zusammenarbeit sind die Methoden hierfür bereits zusammengefasst.
- Alle am Projekt beteiligen können Anteile an den geschaffenen Ressourcen erwerben, in dem sie geleistete Arbeit, Geld und andere Ressourcen in die Projekte einbringen. Dadurch wird die Abhängigkeit von Bankkrediten vermindert.
- Es ist Sinnvoll, wenn Techniker dezentrale Solidargemeinschaften gründen, um sich gegenseitig finanziell unterstützen zu können. Auf diese weise können sich Techniker leichter gegen die Aushungerungstaktik von Auftraggebern wehren. Ich habe in der Praxis oft erlebt, dass Auftraggeber Aufträge von Technikern durchführen lassen, bei denen die Auftragserteilung, wichtige Entscheidungen während der Auftragsabwicklung und die Bezahlung der Rechnungen so lange hinauszögert wird, bis den Technikern das Geld aus geht und sie sich nicht mehr wehren können. Die Bezahlung der Teilrechnungen erfolgt dann Stückchenweise über einen langen Zeitraum oder zum Teil nicht vollständig. Mit Hilfe von Solidargemeinschaften können Techniker die Ausführung derartiger Aufträge so lange stoppen und sich ihren eigenen Projekten zuwenden, bis der Auftraggeber von seiner Aushungerungstaktik abweicht und wieder an eine Planmäßige Auftragsausführung interessiert ist.
- Die Solidargemeinschaft sollte unbedingt dezentral und skalenfrei organisiert sein und dem eigenen sozialen Netzwerk entsprechen. In keinem Fall sollte die Solidargemeinschaft einen Dachverband besitzen, da in den oberen Ebenen von Dachverbänden mit der Zeit die Leute sitzen, gegen die die Solidargemeinschaft ursprünglich gegründet wurde. Siehe auch Gewaltfreie Zusammenarbeit.
- Zur Realisierung der Solidargemeinschaft legt sich jedes Mitglied monatlich einen Geldbetrag auf die Seite. Jeder legt so viel auf die Seite, wie er möchte, ohne den genauen Betrag anderen mitzuteilen. Wenn ein Hilferuf eines anderen Netzwerkmitgliedes eintrifft, schauen sich die Mitglieder der Solidargemeinschaft den Betreffenden Fall genau an und helfen dem betroffenen Mitglied erst mal, damit die prekäre situation entschärft wird. Gleichzeitig ermitteln sie gemeinsam mit dem vom Härtefall betroffenen Mitglied die Ursache des Härtefalls und beseitigen gemeinsam mit dem Betroffenen die Ursache des Härtefalls.
- Solidargemeinschaften können als Cohousing und Coworking Projekt organisiert sein. Das macht ohnehin Sinn, da bereits jetzt größere Gesellschaftliche Umbrüche im Gange sind, die durch den Wegfall von staatlichen Sozialleistungen und Arbeitsplätzen gekennzeichnet sind und die unter anderem durch die fortschreitende Automatisierung der Produktion verursacht werden. Solidargemeinschaften mit eigenen Ressourcen und Produktionsmitteln können in Kooperation mit anderen Solidargemeinschaften die Härten dieser Umbrüche mildern.
Finanzierung der Forschung durch eigene Firmen
- In Anbetracht der Schwierigkeiten mit Betriebswirten und Kaufleuten macht es Sinn, dass Wissenschaftler und Techniker ihre Forschung und Entwicklung durch durch den Verkauf von Produkten in eigenen Firmen finanzieren. Dabei ist es enorm wichtig, dass Betriebswirte und Kaufleute konsequent aus diesen Firmen herausgehalten werden, da sie meiner Erfahrung nach hohe Kosten verursachen, wenig Beitragen und dazu neigen, Macht über die Wissenschaftler und Techniker auszuüben.
- In Zeiten, in denen es Internetplattformen wie ebay oder Amazon gibt und in denen auch eigene Webseiten mit Online-Shops möglich sind, ist die Beschäftigung von Kaufleuten und Betriebswirten für Techniker nicht mehr notwendig. Computer lösen deren Aufgaben zuverlässig und 24 Stunden am Tag 365 Tage die Woche.
- Es ist sinnvoll, dass Wissenschaftler sich zu diesem Zweck zusammenschließen und eine Unternehmergesellschaft (UG) gründen, deren Zweck es ist, die Produkte zu verkaufen, die aus der Forschung resultieren. Dabei ist es wichtig, dass die angebotenen Produkte von hoher Qualität sind, so dass der Name des Unternehmens einen guten Ruf genießt.
- Es kann auch sinnvoll sein, eine Marke eintragen zu lassen, die als Qualitäts- und Herkunftssiegel dient.
- Es ist wichtig, dass das Kapital der Firma möglichst gering bleibt und lediglich die gesetzlichen Bestimmungen erfüllt, damit der entstehende Schaden bei Verlust des Unternehmens möglichst gering ist. Sämtliche Vermögenswerte wie Messgeräte, Werkzeuge, Bibliotheken, Immobilien, Patente und Geldvermögen sollten in den Ingenieurbüros der Wissenschaftler und Techniker gelassen werden, da diese die Lebensgrundlage aller beteiligten darstellen.
- Die Firma darf nicht berechtigt sein, Kredite aufzunehmen, sowie irgendwelche Verträge abzuschließen. Das einzige, wozu die firma berechtigt sein darf ist, im Auftrag der Wissenschaftler und Techniker die Produkte aus den Labors zu vorgegebenen Preisen zu verkaufen, inklusive Gewährleistung und allem, was dazu gehört.
- Die Buchhaltung kann von einem Steuerberater durchgeführt werden. Steuerberater helfen auch, bei der Unternehmensgründung und Unternehmensführung juristische Fehler zu vermeiden.