Peer-Ökonomie

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Was bedeutet Peer Ökonomie ?

  • Das Wort "Peer" kommt aus dem Englischen und bedeutet Gleichrangiger. Peer Ökonomie ist eine Form der Wirtschaft, in der die strikte Trennung der Rollen von Produzent und Konsument verschwinden. An die Stelle der Begriffe "Produzent" und "Konsument" tritt der künstliche Begriff "Prosument".
  • Ebenso wie die Grenze zwischen Produzent und Konsument, löst sich auch die Grenze zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Chef und Untergebener auf. Wer in bei der Durchführung einer Aufgabe die Führung übernimmt entscheidet sich nicht aufgrund des Status sondern aufgrund der Reputation.
  • Die Rolle der Führungsperson wandelt sich. Die Führungsperson, die früher Weisungsbefugnis besaß und die unter der Androhung wirtschaftlicher Konsequenzen bedingungslosen Gehorsam fordern konnte, wird zum "Maintainer". Der Maintainer (auf deutsch "Anschieber") hat keine Weisungsbefugnis und übernimmt die Aufgabe eines Moderators. Der Moderator selbst hat die Aufgabe, notwendige Entscheidungsprozesse vorzubereiten und Lösungen aus den Meinungen aller Beteiligten herauszukristallisieren, so dass einer Entscheidung im Konsens nichts mehr im Wege steht. Dazu kann der Maintainer selbst einen gut durchdachten Lösungsvorschlag für alle Sichtbar in den Raum stellen. Dies erleichtert die Diskussion des Vorschlages für alle beteiligten und regt die Beteiligung am Gestaltungsprozess an.


Wie finden Entscheidungsprozesse statt?

  • Mehrheitsentscheidungen werden wegen der Gefahr der "Diktatur der Mehrheit über die Minderheit" abgelehnt. Anstelle der Mehrheitsentscheidungen tritt basisdemokratischer Konsens. Beim Konsens reicht ein einziges Veto aus, um eine Entscheidung zu kippen, wobei das Veto auch nachvollziehbar begründet werden muss. Ein Veto mit der Absicht, der Gemeinschaft zu schaden oder Aufgrund der Arbeit als Strohmann hätte mit der Zeit den Verlust der Reputation zur Folge und würde im schlimmsten Fall zum Ausschluss aus einem Projekt führen. Der Konsens wird in aktiven Konsens und passiven Konsens unterteilt. Aktiver Konsens bedeutet, dass nur ein ausgesprochenes "Ja" auch als Zustimmung gezählt wird. Passiver Konsens bedeutet, dass eine Enthaltung oder eine Abwesenheit, z.B. aufgrund von mangelndem Interesse, als "Ja" gezählt wird. Bei allen Menschen, die von den Konsequenzen von Entscheidungen direkt betroffen sind, ist es sinnvoll, aktiven Konsens anzuwenden. Bei nicht betroffenen Teilnehmern ist passiver Konsens ausreichend.
  • Im Streitfall, wenn Schlichtungsversuche nicht mehr möglich sind, können Projekte gespalten werden und die einzelnen Teile können getrennte Wege gehen ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Eine zukünftige Wiedervereinigung oder eine generelle Kooperation beider Teile bleibt weiterhin möglich.
  • Freiheit wird in der Peer Ökonomie zur Freiheit, etwas nicht tun zu müssen.


Was ist die Basis der Peer Ökonomie?

  • Die Basis der Peer-Ökonomie ist die Schaffung von gemeinsamen, frei kopierbaren Ressourcen. Dabei werden die Ressourcen so gestaltet und gepflegt, dass sie ergiebig genug sind, um für alle Beitragenden und alle Interessierten, die keine Beiträge leisten können, Überfluss zu bieten. Der Überfluss der Ressource wird dann verschenkt. Es besteht aber kein Zwang zum Teilen - das ist sehr wichtig! Wenn kein Zwang zum Teilen der geschaffenen Ressource oder zur Mitarbeit am Projekt besteht, die Nutzung einer Ressource nützlich ist und Reputation wichtiger ist als Status, dann wird sich die Verteilung der Güter und die Anpassung der produzierten Menge vermutlich selbstorganisierend regeln.
  • Was ist mit den Ressourcen, die nicht im beliebigen Umfang vorhanden sind? Dazu sei der Lösungsansatz der Ökoeffektivität hier angebracht. Wenn die Nutzung einer Ressource für die Ressource selbst nützlich ist, dann gibt es auch keinen Mangel an dieser Ressource. Professor Braungart, auf den der Begriff der Ökoeffektivität zurückgeht, führt das Beispiel der Ameisen an. die Ameisen entsprechen in ihrer Biomasse schätzungsweise 30 Milliarden Menschen und sie sind meist keine Vegetarier, aber sie sind nicht zu viele auf dieser Erde. Warum ist das so? Ameisen machen keinen Müll. Wenn sie ihre Ressourcen Nutzen, schaffen sie Nährstoffe für andere Organismen.
  • Anmerkung (Michael Klotsche): Wenn kein Zwang zum Teilen der geschaffenen Ressource oder zur Mitarbeit am Projekt besteht, die Nutzung einer Ressource nützlich ist und Reputation wichtiger ist als Status, dann wird sich die Verteilung der Güter und die Anpassung der produzierten Menge vermutlich selbstorganisierend regeln. Aufgabenverteilungspools wären dann vermutlich nicht notwendig. Diese Annahme gilt es noch zu beweisen.
  • Aufgabenverteilungs-Pools tragen Wesenszüge des Tauschhandels und können wieder in eine Art Währungssystem übergehen. Sie sind deshalb mit Vorsicht anzuwenden.
  • Es muss die Grundregel gelten: "Wer zuerst kommt, malt zuerst". Ansonsten kommt es zu Versteigerungen von Ressourcen und wieder zu Tauschhandel mit Wettbewerb, Konkurrenzkampf etc.
  • Ein kleines Gedankenspiel zum besseren Verständnis: Warum soll ein Techniker in einer Peer-Ökonomie die stinkenden Abwassersysteme pflegen? Ganz einfach weil es Abwasser nicht gibt. Es gibt nur Produkte und Nebenprodukte und beide bestehen aus Rohstoffen. Wenn Techniker dies nicht tut, dann werden z.B. die Bauern die Nährstoffe aus den Abwasser nicht auf die Felder ausbringen können, wodurch die Ernteerträge sinken. Deshalb hätten die Bauern dann weniger Gemüse, so dass sie das Gemüse nicht mit anderen, also auch nicht mit dem Techniker Teilen könnten. Der Techniker bei den Stadtwerken ermöglicht also, dass genug zu Essen da ist, das verteilt werden kann. Techniker, die bei den Stadtwerken in Abwasserkanälen herumkriechen dürften somit (im Gegensatz zu heute) eine gute Reputation genießen. Jeder der möchte, dass der Bauer viel Gemüse zu verschenken hat, wird gerne etwas dafür tun, dass es dem Techniker bei den Stadtwerken gut geht.


Arbeitsverhältnisse in der Peer-Ökonomie

  • Die Eindimensionale Betrachtung von Arbeitsverhälnissen zwischen den Punkten "Angestellt" und "Selbständig" ist ein fossiles Relikt vergangener Jahrhunderte, die für Arbeitsverhältnise in der Peer-Ökonomie nicht mehr ausreicht.
  • Die Arbeitsverhälnisse "Angestellt" und "Selbständig" haben alle Vor- und Nachteile. Grob gesagt ist ein Angestellter Weisungsgebunden und Abhängig von seinem Dienstherrn, besitzt also keine eigene Lebensgrundlage. Dafür muss der Dienstherr sich an der sozialen Absicherung seines Angestellten beteiligen. Ein Selbständiger ist nicht weisungsgebunden, arbeitet im Idealfall für seine eigenen Lebensgrundlagen, muss sich aber um seine soziale Absicherung selbst kümmern - wenn er es kann.
  • Fragestellung: Ist es möglich, eine Beschäftugungsform zu finden, die die Vorteile der Selbständigen Arbeit mit denen des Angestelltenverhältnisses für alle beteiligten kombiniert und die Nachteile eliminiert?
  • Lösung: Eine mögliche Lösung möchte ich hier mal als Peer-Arbeitsverhältnis bezeichnen.


Weblinks

  • peerconomy.org - Ein Wiki, dass die wesentlichen Grundlagen der Peer-Ökonomie enthält
  • Peerconomy.org - Peer-Ökonomie ist ein wesentlicher Grundgedanke bei der Realisierung und dem Verständnis von Open Source Projekten. Diese Seite beschreibt die wesentlichen Grundgedanken der Peer Ökonomie und vieles mehr.
  • www.keimform.de - Diese Seite enthält eine Reihe interessanter Vorträge zum Thema Peer Ökonomie als ogg Dateien.
  • Commoners Treffen - Ein Bericht über ein "internationales Strategietreffen für Peer Ökonomie.


Literatur

  • Tapscott, Don; Williams, Antony D.: Wikinomics - Die Revolution im Netz. dtv-Verlag. München, 2009 - Ein Buch über Peer-Produktion, das wirtschaftsgläubige Menschen dort abholt, wo sie sich befinden und sie behutsam in die Welt der Peer-Ökonomie einführt. Die Aotoren betreiben auch einen Blog zum Thema Wikinomics