Existenzgründung

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Version vom 20. Mai 2014, 07:34 Uhr von Michael Klotsche (Diskussion | Beiträge) (Fallstricke bei der Unternehmensgründung)

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Der Mythos der Ideensuche

  • Unternehmensgründung hat meiner Erfahrung nach nichts mit der Suche nach einer Idee zu tun! Ideen sind keine Geschäftsgrundlage.
  • Das Wort "Geschäftsidee" ist irreführend. Eine Geschäftsidee ist vergleichbar mit einer Strategie, die man sich zurecht legt, um beim Würfelspiel mit einem Würfel die richtige Zahl zu erraten.
  • Eine Geschäftsidee zu suchen um damit ein Unternehmen zu Gründen ist die falsche Herangehensweise an die Existenzgründung. So manche Unternehmer, die mit ihrer Geschäftsidee Erfolgreich waren sind bei näherem Hinsehen lediglich die Unternehmer, die durch den Zufall der richtigen Idee zur richtigen Zeit erfolgreich wurden. Das Heer der nicht erfolgreichen Geschäftsideen wird hierbei übersehen.
  • Das Ziel einer Unternehmensgründung ist nicht die Gründung eines Unternehmens sondern die Eingliederung eines Unternehmens in bestehende Energie- und Stoffkreisläufe. Das hört sich banal an, aber man bedenke worin der Zweck der Wirtschaft wirklich besteht. Menschen müssen Essen, Wohnen, Schlafen brauchen Kleidung, müssen sich bewegen können, müssen gesund bleiben. Dabei ist die physioökonomische Betrachtung der Wirtschaft wesentlich, das heißt, die Betrachtung der Wirtschaft, losgelöst vom Geld.
  • Eine Unternehmensgründung, das nicht direkt oder indirekt die Grundbedürfnisse der Menschen befriedigt, ist immer als Glückspiel zu betrachten.



Unternehmensgründung

Der Zweck eines Unternehmens ist, Lebensgrundlagen zu erschaffen und diese in die Gesellschaft zu integrieren.
  • Eine Unternehmensgründung kann in folgenden Schritten erfolgen:
    • Lage der Branche erkunden
      • Sachverhalte der Branche kennenlernen
      • Anderen Menschen zuhören.
      • Die Informationen zur Lage muss allen beteiligten mitgeteilt werden und allen beteiligten zugänglich sein.
    • Eigene Lage erkunden
      • Sich über die eigenen Ziele und Erwartungen im Klaren werden.
      • Die eigenen Fähigkeiten kennen lernen.
      • Die Informationen zur Lage muss allen beteiligten mitgeteilt werden und allen beteiligten zugänglich sein.
    • Möglichkeiten aus der Lageerkundung ermitteln.
      • Aus der Kenntnis der Lage ergeben sich bereits einige Handlungs- und Geschäftsmöglichkeiten.
      • Wichtig ist dabei stets, Ressourcen zu schaffen und diese in die Gesellschaft zu integrieren.
      • Kenntnisse und Erfahrungen aus anderen Branchen, sowie auch kreative Einfälle eröffnen zusätzliche Handlungsmöglichkeiten.
    • Unternehmensstruktur organisieren
      • Als erstes muss das Unternehmen organisiert werden. Ein Unternehmen dezentral zu organisieren bedeutet weniger Stress für alle beteiligten.
      • Die Software OpenBien kann hier sehr hilfreich sein.
      • Die Arbeitsgebiete und die dafür zuständige Personen müssen festgelegt werden. Für jede Aufgabe muss eine Person zuständig sein. Es dürfen nicht mehrere Aufgaben auf eine Person fallen. Eine Doppelbesetzung der Zuständigkeit für ein Aufgabengebiet muss unbedingt vermieden werden, da sonst Konflikte vorprogrammiert sind.
      • Die Unternehmensform festlegen und formal gründen.
      • Es macht keinen Sinn, möglichst viele Visitenkarten zu sammeln. Wichtig ist vielmehr, die wenigen Beziehungen, die man selbst hat, zu pflegen und anderen Menschen transparent die eigenen Handlungsabsichten mitzuteilen.
    • Infrastruktur und Ressourcen schaffen
      • Erst wenn Leute da sind, die Dinge tun können, entsteht ein lebendiges Unternehmen.
      • Durch Produktionsmittel im Allgemeinen wird ein Unternehmen erst handlungsfähig. Deswegen müssen Werkzeuge und Messgeräte beschafft werden.
      • Meiner Erfahrung nach ist es sinnvoll, von vornherein die Maschinen und Werkzeuge zu besorgen, mit denen kleine Bauteile selbst gefertigt werden können. Gerade in der Produktentwicklung sind Wartezeiten die größte Gefahr. In der Praxis hat es sich als nützlich erwiesen, direkten Zugriff auf eine eigene Dreh- und Fräsmaschine und eine kleine Hobby-Werkstatt zu haben.
      • Beziehungen zu Kooperationspartnern und Lieferanten müssen möglichst früh aufgebaut werden.
      • Es muss von vornherein eine Informations- und Kommunikationsstruktur aufgebaut werden. Dazu zählen Datenbanken bzgl. Stücklisten, Lieferanten, Projekten etc.
    • Wirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen.
      • Sobald die notwendigen Ressourcen geschaffen wurden, kann die wirtschaftliche Tätigkeit beginnen.
      • Gewinne werden vor allem am Anfang in das unternehmen investiert, um neue Ressourcen schaffen zu können und den eigenen Handlungsspielraum zu erweitern.
      • Soll ein Unternehmen gegründet werden, dass alle beteiligten ernähren kann, so müssen am Anfang selbstverstärkende Regelkreise in Gang gesetzt werden, die zu exponentiellem Wachstum führen, damit das Unternehmen so lange wachsen kann, bis es tragfähig ist. Wenn das Unternehmen die gewünschte Größe erreicht hat, müssen selbstschwächende Regelkreise installiert werden, damit das exponentielle Wachstum aufhört.
  • Bei der Erweiterung der eigenen Fähigkeiten tauchen mit der Zeit Aufgabenfelder auf, die bearbeitet werden müssen und bei denen Lebensgrundlagen geschaffen werden können. Wenn Aufgabenfelder bekannt sind, lassen sich meist relativ leicht Projekte organisieren, in denen die Aufgaben bearbeitet werden und bei denen Erträge für alle beteiligten geschaffen werden. Auf diese Weise wird das Unternehmen geschäftstätig.
  • Die besten Partnerunternehmen in Projekten sind die Unternehmen, die durch das Projekt eigene Ressourcen erschaffen können und eventuell ihr eigenes Geschäftsfeld ausdehnen können. Unternehmen, die durch das Projekt Konkurrenz zu den eigenen Produkten bekommen sind keine Partnerunternehmen.
  • Die besten Projekte sind die Projekte, bei denen Lebensgrundlagen erschaffen werden und bei denen die Nutzer dieser Lebensgrundlagen auch deren Eigentümer sind.
  • Ein Unternehmer, der ein Vorhaben realisieren will, muss seiner Umgebung Zeit geben, das vorhaben zu bemerken, zu verstehen und in den Alltag aufzunehmen.
  • Ein Unternehmen muss in die Gesellschaft hineinwachsen und von dieser in das gesellschaftliche Netzwerk integriert werden. Dazu braucht die Gesellschaft meiner Erfahrung nach ca. zwei Jahre Zeit. Ein Unternehmen sollte von klein an wachsen und nicht mit Hilfe von großen Krediten aus dem Boden gestampft werden. Sonst kann es passieren, dass das Unternehmen an der Gesellschaft vorbei wächst.
  • Die besten Investoren sind die Investoren, die Investitionen in Form von Arbeit und eigenen Produkten beisteuern. Unternehmen sollten grundsätzlich danach streben, auf Finanzkredite zu verzichten. Finanzdarlehen von Privatleuten sollten lediglich zur Vorfinanzierung einer konkreten Maschine in Anspruch genommen werden, die dann von einem Kunden gekauft wird. So kann bei Bezahlung der Maschine durch den Kunden das Darlehen schnell beglichen werden. Jeder Unternehmer sollte danach streben, selbst in die eigenen Projekte Arbeit zu investieren und sich diese in Form einer Teilhabe an den geschaffenen Ressourcen anrechnen lassen.



Kooperation und Verträge

  • Vereinbarungen sind immer als kritisch zu betrachten und sollten deshalb nicht eingegangen werden.
  • Die Kooperation wird am besten soziokratisch geregelt. Einige Aspekte zur Soziokratie finden sich in dem Artikel Soziokratische Entscheidungsfindung. Es gelten im groben folgende Regeln:
    • Wer schweigt stimmt zu.
    • Wer nicht zustimmt, verweigert die Zusammenarbeit.
  • Soziokratie ist meiner Erfahrung nach in hohem Maße selbstregelnd und wesentlich wirksamer als jeder Vertrag.




Fallstricke bei der Unternehmensgründung

In diesem Absatz möchte ich zusammenfassen, welche Fehler ich als Unternehmer bereits gemacht und überstanden habe. Bitte nicht zu Hause nachmachen.

  • Im Kapitel Projektmanagement sind viele Fallstricke und mögliche Lösungen aufgeführt.
  • Für jedes Bauteil sollten immer mehrere mögliche Lieferanten vorhanden sein. Wenn ein Lieferant seine Zusagen nicht einhalten kann, dann ist das eigene Unternehmen nicht gleich ruiniert.
  • Wenn ein Lieferant seine Zusagen nicht einhält, kann man mit dem Lieferanten sprechen und versuchen, ihm konstruktive Möglichkeiten zu geben, seine Zusagen einzuhalten oder ihm die Möglichkeit geben, mit möglichst wenig Schaden seine Zusagen zu korrigieren oder zurückzunehmen. Für die korrigierten Zusagen sollte aber unbedingt ein realistischer Liefertermin vereinbart werden. Wenn der Termin dann nicht eingehalten wird, muss man den Lieferanten ohne Ausnahme (!) durch einen anderen Lieferanten ersetzen.
  • Bei wichtigen und komplexen Bauteilen ist es wichtig, dass der Lieferant seine Technologie auch beherrscht. Achte darauf, dass der Lieferant dazu genug Personal hat.
  • Ein Bauteil, dass in höchstem Maße komplex ist, sollte nicht als ein einziges Modul in Deiner Maschine sein, sondern immer in mehrere unabhängige, weniger komplexe Module aufgeteilt werden. Lässt sich ein hoch komplexes Modul nicht vermeiden, sollte dieses Modul ein vielfach bewährtes Standardbauteil eines sehr großen Anbieters sein.
  • Die Schnittstellen zwischen den Bauteilen sollten immer Norm-Schnittstellen sein und niemals herstellerspezifisch. Ansonsten ist man auf den Hersteller auf Gedeih und Verderb angewiesen.
  • Für Aufträge, die eine erhebliche Investition benötigen, oder wo Subunternehmer beauftragt werden müssen, müssen diese Kosten durch eine Anzahlung abgedeckt sein.
  • Kunden, die die Preise drücken, sind schlechte Kunden.
  • Jegliche Art des Hinhaltens und Wartenlassens senkt die Vertrauenswürdigkeit von Geschäftspartnern und Kunden.
  • Angebote dürfen niemals zu billig berechnet werden. Wenn einem Kunden der Preis zu hoch ist, dann muss eben der Umfang der Leistung auf das nötigste reduziert werden.
  • Bei jeder Angebotsberechnung sollte immer ein Zuschlag von 30% unbekannter Leistungen berechnet werden. Bei Forschung und Entwicklung sollte der Zuschlag 100 % betragen. Hier sind einige Erfahrungswerte des Bearbeitungsaufwands von Projekten.
  • Das Softwarepacket OpenBien hilft dabei, Projekte zu bewerten, den Aufwand abzuschätzen und Projekte zu organisieren.
  • Es gibt eine Unternehmerfalle, die zur Selbstausbeutung führt. Wenn die Einnahmen so gering sind, so dass man davon nicht leben kann und nur sehr langsam pleite geht, erkennt man das daran, dass man meist so viel arbeiten mus, dass man die gesamte Arbeitszeit nur für den alltäglichen Betrieb braucht und keine Zeit hat, Ressourcen aufzubauen. Man kommt praktisch vor lauter Arbeit nicht mehr zum Arbeiten. In diesem Fall ist es sinnvoll, sofort die Flucht nach vorne anzutreten und das Alltagsgeschäft trotz der daraus folgenden Konsequenzen zu reduzieren, und mit aller Kraft die Ressourcen auszubauen. Je früher man damit anfängt, um so besser, denn je weiter die Zeit voranschreitet, desto nährer rückt die Pleite heran und desto weniger ist man in der Lage, Ressourcen aufzubauen.